Reinheitsgrade von Chemikalien – Teil 1
Chemikalien sind im Labor oder industriell hergestellte chemische Stoffe. Die Reinheit von Stoffen bezeichnet in der Chemie allgemein das Verhältnis eines erwünschten Stoffes zum gesamten Stoffgemisch. Je nach Verwendungszweck ergeben sich jedoch ganz unterschiedliche Anforderungen an die Qualität einer Chemikalie. Von der benötigen Qualität hängen somit auch Wertigkeit und Preis des Stoffes ab.
Die genaue Spezifikation von Reinheiten ist abhängig vom Hersteller und Stoff. Die Reihenfolge dieser Reinheiten ist nicht genormt und wird oft durch die Hersteller selbst erweitert. Grundsätzlich lassen sich jedoch sechs Reinheitsstufen bzw. Qualitätsbezeichnungen unterscheiden.
1. Technisch
Produkte, in denen grundsätzlich noch Verunreinigungen enthalten sind, werden ausschließlich für technische Zwecke eingesetzt. Dies liegt daran, dass der Reinheitsgrad der entsprechenden Stoffe schwankt. Diese Chemikalien werden mit der Kennzeichnung „technisch“ versehen. Anwendung finden sie hauptsächlich als Reinigungsmittel im Labor oder im Gewerbe.
2. Zur Synthese
Chemikalien zur Synthese enthalten fast immer kleine Mengen an Verunreinigungen. Diese haben jedoch in der Regel keine negativen Auswirkungen auf die Synthesen haben, da das Endprodukt der Synthese gereinigt wird. Dadurch werden auch die Verunreinigungen des Ausgangsproduktes abgetrennt.
3. Rein (auch purum)
Der Mindestgehalt chemisch reiner Produkte liegt bei 97 %. Chemikalien dieser Qualität sind somit zur Synthese geeignet. Sie werden jedoch auch bereits für Laborzwecke eingesetzt.
4. Reinst (auch purissimum)
Chemikalien von höchster Reinheit tragen die Kennzeichnung „reinst“. Der Gehalt liegt hier bei mindestens 99 %. Die verbleibenden Verunreinigungen sind sehr gering. Somit können die Produkte für viele gängige Analysen eingesetzt werden. Zusätzlich können sie natürlich auch da Anwendung finden, wo eigentlich niedrigere Qualitäten ausreichend sind.
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5. Zur Analyse (oder pro analysis)
Die Qualitäten der mit „Zur Analyse“ gekennzeichneten Stoffe sind so rein, dass sie für analytische Verfahren eingesetzt werden können. Der Mindestgehalt liegt bei 99 %. Die maximalen Gehalte an Verunreinigung werden zudem direkt im Analysenzertifikat (Beispiel siehe Abbildung unterhalb) angegeben. Dadurch können eventuelle Verunreinigungen bereits bei der Analyse berücksichtigt und somit falsche Ergebnisse vermieden werden. Hier liegt auch der Hauptunterschied zur „Reinst“ Qualität. Bei dieser Qualität ist die Angabe zum Maximalgehalt an Verunreinigungen nicht enthalten.
6. Ultrarein
Ultrareine Produkte sind für sehr spezifische Anwendungen ausgelegt. Dazu zählen beispielweise die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC), die Gaschromatographie (GC) oder auch die Spuren- bzw. Ultraspurenanalytik (ppb und ppt Bereich). Für Chemikalien mit ultrareiner Qualität sind die Spezifikationen sehr eng gefasst. Die Maximalgehalte vieler Verunreinigungen werden in den entsprechenden Analysenzertifikat benannt. Häufig sogar über mehrere Seiten.
Weitere Qualitätsbezeichnungen
Neben diesen gängigen Qualitätsbezeichnungen finden sich für einige Chemikalien zusätzliche Qualitäten, wie zum Beispiel PhEur oder ACC Reagenzien. Hierbei handelt es sich um Chemikalien, die entsprechend des europäischen oder amerikanischen Arzneibuchs spezifiziert sind und sich für die dort benannten Standardmethoden eignen.
Reagenzien mit der Kennzeichnung ACS erfüllen die Standards der American Chemical Society (ACS). Ferner finden sich weitere Abkürzungen wie ISO (International Organization for Standardization) oder DAB (Deutsches Arzneibuch). All diese und weitere Abkürzungen beziehen sich auf die individuellen Definitionen der einzelnen Organisationen und haben keinen direkten Bezug zur Reinheit der Chemikalien.
Verbreitung
Von den ca. 80.000 im Markt verfügbaren Chemikalien gehören über 90 % zu den zuvor beschriebenen Qualitätsstufen 1 bis 4. Lediglich für die gebräuchlichsten Chemikalien werden ultrareine Qualitäten angeboten. Für Klassiker, wie zum Beispiel Methanol oder Essigsäure, finden sich dagegen mehr als zehn verschiedene Qualitäten.
Generell lässt sich sagen, dass Qualitäten immer nur nach unten kompatibel verwendbar sind. Dies bedeutet, dass die höchste Qualität einer Chemikalie sich meist für alle Anwendungen eignet und die Spezifikationen aller Reinheitsgrade erfüllt. Chemikalien von niedriger Qualität lassen sich dagegen nur für die spezifizierten Anwendungen verwenden. Die Anforderungen höherer Reinheiten werden nicht erfüllt. Dadurch führt die Verwendung für höhere Spezifikation zu verfälschten Ergebnissen und kann zu Schäden in den Geräten führen.
Qualität hat ihren Preis: der Preisfaktor zwischen der niedrigsten und der höchsten Qualität kann 10x und höher liegen. Der beträchtliche Unterschied ergibt sich unter anderem über die zusätzlichen Kosten für die Ermittlung aller Spezifikationsparameter und die Aufreinigung. Zudem spielt auch die Chargengröße eine Rolle, denn hohe Qualitäten werden oft nur in kleinen Chargen produziert.
Im nächsten Beitrag erläutern wir die Reinheiten detaillierter nach Einsatzzwecken.
Der Text entstand mit freundlicher Unterstützung von PanReacAppliChem.
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