Stereotyp in der Wissenschaft

Er ist weiß, männlich, trägt Brille, hat einen Bart und zerzauste Haare – das typische Bild eines Wissenschaftlers. Zumindest wollen uns die Medien das glauben lassen und bedienen sich immer wieder diesem Klischee oder stellen Wissenschaftler*innen mit fast übernatürlichen Fähigkeiten da. 2019 ging ein Trend bei Twitter viral, der unter „Hello, I’m a scientist in a movie…” auf die kuriosesten Stereotypen aufmerksam machte.

Bild: „Hi, I’m a scientist in a movie…” Tweets mit stereotypischen Vorstellungen.
Quelle: https://blogs.scientificamerican.com/observations/hollywoods-portrayals-of-science-and-scientists-are-ridiculous/

Darstellung in den Medien

Die Medienforscherin Petra Pansegrau untersuchte dieses Phänomen. Dabei nahm sie mehr als 200 Spielfilmen unter die Lupe und stieß immer wieder aus vier Stereotypen, die sich über die Jahre entwickelt haben.

  • Der verrückte Zauberer forscht in Filmen meist zu Hause und bringt Ideen hervor, die weit von wissenschaftlicher Realität entfernt sind. Wenngleich sein Charakter als trottelig, etwas weltfremd, verwirrt und gutmütig beschrieben wird, vergisst er oft wichtige Dinge. Überdies ignoriert er oft Gefahren.
  • Der Experte oder auch professionelle Wissenschaftler ist zahlenmäßig nicht sehr häufig in Filmen vertreten. Mitunter beruhen diese Darstellungen auf real existierenden Personen. Er ist gentlemanlike, ambitioniert, unerschütterlich, friedvoll, und Experte im jeweiligen Forschungsgebiet.
  • Der böse Schöpfer oder Zerstörer (Mad Scientist) ist am meisten in den Filmen vertreten. Dabei forscht er im Verborgenen oder fühlt sich von der Gesellschaft unverstanden. Darunter fallen auch die Wissenschaftler, die ungewollt durch ihre Forschungen zum „Mad Scientist“ werden. Somit ist der Mad Scientist besessen von Ruhm, Macht und Geld oder von der Vollendung seiner Ideen. Er übertritt oft ethnische und rechtliche Grenzen. Passende Charaktereigenschaften sind: skrupellos, größenwahnsinnig, kriminell.
  • Der Held und Abenteurer hat seinen Ursprung in den Romanen von Jules Verne. Sie beschreiben Eroberungsmythen und stellen Wissenschaftler als unbefangene Helden dar, die die Rätsel und Wunder der Natur mit Hilfe der Wissenschaft, ihrer eigenen Tapferkeit und ihrem Eroberungsdrang überwinden. Des Weiteren ist er warmherzig, mitfühlend, sportlich, attraktiv, pragmatisch und aufopfernd für das Leben der Anderen.

Mediale Darstellung

Diese mediale Darstellung beeinträchtigt natürlich die öffentliche Wahrnehmung. Von Vorurteilen sind nicht nur Erwachsene betroffen, auch Kinder werden so beeinflusst. Eine Studien ergab, dass die klischeehafte Darstellungen des exzentrische Wissenschaftlers in den Medien, Kinder entmutigen, später eine Karriere in der Forschung zu verfolgen.

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    Eine besonders interessantes Experiment verdeutlicht die Wahrnehmung von Wissenschaftler*in bei Kindern. Grundschulklassen sollten Wissenschaftler*in nach ihrer Vorstellung zeichnen. Die Kinderbilder zeigten vorwiegend weiße, ältere Männer in weißen Kitteln und mit einer Brille. Wenn man die Kinder ihrem Berufswunsch befragte, stand Wissenschaftler nicht auf der Wunschliste, weil diese keinen Spaß bei ihrer Arbeit hätten. Danach besuchten die Grundschulkinder eine Forschungseinrichtung und wurden nochmal gebeten, ihre Eindrücke in einem neuen Bild festzuhalten.

    Bilder: Wie Kinder Wissenschaftler*innen vor und nach dem Besuch einer wissenschaftlichen Einrichtung wahrnehmen.
    Quelle: Who´s the Scientist?https://ed.fnal.gov/projects/scientists/index.html

    Wissenschaftsimage stärken

    Aber auch Menschen mit Behinderungen, ethnische Minderheiten, Frauen oder auch LGBTQ-Personen sind in der Forschung unterrepräsentiert oder sehen sich mit Barrieren konfrontiert. Hierzu zählen unter anderem wirtschaftliche Ausgrenzung, Angst vor negativen Erfahrungen, einer ablehnende Haltung oder Zugänglichkeit in die Forschungswelt. Deshalb ist es so wichtig, die Botschaft zu vermitteln, dass Wissenschaftler*innen unterschiedliche Persönlichkeit, einen individuellen Hintergrund und vielfältige Erfahrungen mit sich bringen.

    Eine Botschafterin ist Heidi Gardner. Nach der Bemerkung, dass sie gar nicht wie eine Wissenschaftlerin aussehe, hatte Heidi es satt, ständig von stereotypen Vorstellungen umgeben zu sein. Sie entwarf Postkarten, Anstecknadeln und Aufkleber, die mit wissenschaftlichen Statements zu Gesprächen anregen. Mit diesen auffälligen Accessoires können sie sich auf besondere Art als Wissenschaftler*in zu erkennen geben.

    Bild: Aufkleber; Postkarten und Anstecknadeln als persönliches Statement.
    Quellen:
    https://www.etsy.com/de/listing/837740272/so-sieht-ein-wissenschaftler-aus-wie?ref=shop_home_active_37&crt=1
    https://www.etsy.com/de/listing/621922492/ich-unterstutze-vielfalt-in-wissenschaft?ref=shop_home_active_101&crt=1

    Ein weiterer Befürworter für Vielfalt in der Wissenschaft ist der Virologe und Zellbiologe Efra Rivera-Serrano. Sein Professor tadelte sein Äußeres auf Twitter, weil seine Tattoos gegen die Laboretikette verstoßen würden. Deswegen gründete er die Initiative UniqueScientists, welche die Diversität in der Wissenschaft wieder spiegelt.

    Bild: Wissenschaftler und ihre Vision.
    Quelle: https://uniquescientists.weebly.com/home.html

    Stimmen mit Wirkung

    Hierzulande sensibilisiert die Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim auf ihren YouTube Kanal maiLab Ihre Zuschauer*innen mit ihren Videos für die Vielfältigkeit der Wissenschaft. Darüber hinaus plädiert sie auch für ihre große Liebe zu den Naturwissenschaften. Ihr Ziel ist es, nicht nur junge Menschen für die Naturwissenschaften zu begeistern, sondern ermutigt auch Wissenschaftler*innen über ihre Arbeiten zu sprechen, um ein reales Bild über sich und der Wichtigkeit ihrer Tätigkeit zu beleuchten. Aus diesem Grund wurde ihr Video „Trust me I’m a scientist”  mit „Fast Forward Science Award“ belohnt.

    Dieser Wettbewerb wird seit 2013 jährlich unter anderem durch die Organisation für Wissenschaftskommunikation Wissenschaft im Dialog veranstaltet. Die Organisation das Bewusstsein fördert die gesellschaftliche Bedeutung der Wissenschaft.

    Aber auch die neue Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft Katja Becker möchte die Vielfalt und Chancengleichheit in der deutschen Wissenschaft stärker unterstützen. Sie sieht die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit Diversität und Originalität nicht nur in der Gesellschaft. Sondern aufgrund neuer Perspektiven auch als Treiber für Forschungserkenntnisse und Innovationen.

    Weitere Informationen:

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    Quellen:

    Breuer, Ingeborg (2016): Schubladen im Kopf. Wie Vorurteile unser Denken bestimmen. https://www.deutschlandfunk.de/schubladen-im-kopf-wie-vorurteile-unser-denken-bestimmen.1148.de.html?dram:article_id=371714

    Funk (2020): maiLAB. https://presse.funk.net/format/mailab/

    Neill, Ushma S. (01/2019): Hollywood’s Portrayals of Science and Scientists Are Ridiculous. And Twitter is taking note, https://blogs.scientificamerican.com/observations/hollywoods-portrayals-of-science-and-scientists-are-ridiculous/

    Pansegrau, P. (2009). Zwischen Fakt und Fiktion–Stereotypen von Wissenschaftlern in Spielfilmen.In: Frosch und Frankenstein, S. 373-386. DOI: https://doi.org/10.14361/9783839408926-015

    Pickett, Ronald B. (2009): The ‚Scientist‘ Stereotype. Is it working for or against you?. https://www.labmanager.com/leadership-and-staffing/scientist-stereotype-is-it-working-for-or-against-you-20514

    Pressetext.redaktion (2020). Wissenschaft-Klischees schrecken Kinder ab. https://www.pressetext.com/news/wissenschaft-klischees-schrecken-kinder-ab.html

    Reichert, C. (2009): Forscher wollen ihr Image im Film verbessern. https://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/stereotypen-forscher-wollen-ihr-image-im-film-verbessern-seite-3/3148222-3.html

    Restructure! (2010): Scientists are “normal” people, children discover. https://restructure.wordpress.com/2010/06/11/scientists-are-normal-people-children-discover/

    Tkotz, J. (2019): Typisch Wissenschaftler. https://einglasrotwein.de/typisch-wissenschaftler/

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